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    Und jetzt ist es Zeit für 1 Gedicht (I) - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 18.07.01 22:55:45 von
    neuester Beitrag 25.08.01 23:18:48 von
    Beiträge: 21
    ID: 440.603
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      Avatar
      schrieb am 18.07.01 22:55:45
      Beitrag Nr. 1 ()
      Guten Abend allerseits!

      Der Dichter ist lange tot, doch sein Gedicht lebt schön und allzeit trostreich fort. Und das ist auch gut so.


      HERMANN LINGG

      Das Krokodil von Singapur

      Im heil`gen Teich zu Singapur
      Da liegt ein altes Krokodil
      Von äußerst grämlicher Natur
      Und kaut an einem Lotusstiel.
      Es ist ganz alt und völlig blind
      Und wenn es einmal friert des Nachts
      So weint es wie ein kleines Kind
      Doch wenn ein schöner Tag ist, lacht`s.
      Avatar
      schrieb am 19.07.01 00:23:59
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ich auch...

      Schiller`s Taucher (Kurzform):













































      gluck... gluck... gluck...
      Avatar
      schrieb am 19.07.01 13:44:01
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ein Gedicht zur Pathologie des Neuen Marktes?



      GOTTFRIED BENN


      Mann und Frau gehn durch die Krebsbaracke

      Der Mann:
      Hier diese Reihe sind zerfallene Schöße
      und diese Reihe ist zerfallene Brust
      Bett stinkt bei Bett. Die Schwestern wechseln stündlich.

      Komm, hebe ruhig diese Decke auf.
      Sieh, dieser Klumpen Fett und faule Säfte,
      das war einst irgendeinem Mann groß
      und hieß auch Rausch und Heimat.

      Komm, sieh auf diese Narbe an der Brust.
      Fühlst du den Rosenkranz von weichen Knoten?
      Fühl ruhig hin. Das Fleisch ist weich und schmerzt nicht.

      Hier diese blutet wie aus dreißig Leibern.
      Kein Mensch hat so viel Blut.
      Hier dieser schnitt man
      erst noch ein Kind aus dem verkrebsten Schoß.

      Man läßt sie schlafen. Tag und Nacht. - Den Neuen
      sagt man: Hier schläft man sich gesund. - Nur Sonntags
      für den Besuch läßt man sie etwas wacher.

      Nahrung wird wenig noch verzehrt. Die Rücken
      sind wund. Du siehst die Fliegen. Manchmal
      wäscht sie die Schwester. Wie man Bänke wäscht.

      Hier schwillt der Acker schon um jedes Bett.
      Fleisch ebnet sich zu Land. Glut gibt sich fort.
      Saft schickt sich an zu rinnen. Erde ruft.
      Avatar
      schrieb am 20.07.01 20:30:29
      Beitrag Nr. 4 ()
      ERNST JANDL


      ottos mops

      ottos mops trotzt
      Otto: fort mops fort
      ottos mops hopst fort
      otto: soso

      otto holt koks
      otto holt obst
      otto horcht
      otto: mops mops
      otto hofft

      ottos mops klopft
      otto: komm mops komm
      ottos mops kommt
      ottos mops kotzt
      otto: ogottogott
      Avatar
      schrieb am 20.07.01 21:02:13
      Beitrag Nr. 5 ()
      Nochmal Jandl

      die lesung

      bart wachsen lassen
      dichterleseung veranstalten
      schwarzer anzug (eventuell leihanstalt)
      ernst blicken

      würde haben
      setzen
      uhr auf den tisch
      ganz langsam lesen

      nach jeder zeile eine pause von zehn sekunden
      fünfzehn sekunden noch besser
      sehr leise lesen
      sprachfehler erhöhen den reiz der lesung

      saal betreten
      zehn leute sind ein grosses publikum
      nicken lächeln
      eventuell winken

      setzen
      austria 3 zigarette an der lesekerze anzünden
      ziehen
      ins Publikum blicken

      lächeln
      atem holen
      wieder ins publikum blicken
      lesen

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      Avatar
      schrieb am 21.07.01 22:54:12
      Beitrag Nr. 6 ()
      Goethe? Lieber nicht. Lieber den Günther.


      JOHANN CHRISTIAN GÜNTHER


      Auf die Verstellung derer Frauenzimmer

      Mägdgens, stellt euch nicht so spröde
      Und entflieht uns nicht so fern!
      Scheint gleich euer Antlitz blöde,
      Hat es doch das Herze gern.
      Küßt man euch, so heißt es talen;
      Ich versteh wohl, das sind Schalen,
      Darum wollt ihr nur den Kern.

      Wenn wir etwan Rosen brechen
      Und in Busen stehlen gehn,
      Wollt ihr flugs mit Nadeln stechen
      Und den Galgen gleich erhöhn;
      Ja, ihr flucht wohl um die Wette
      Und entlauft uns bis zum Bette,
      Nur damit wir schärfer stehn.

      Meint nicht, daß es niemand merke,
      Wie es euch geheim verdreußt,
      Wenn man zu dem süßen Werke
      Gar zu fromm und christlich heißt;
      Denn da könnt ihr bei den Schwestern
      Dessen Einfalt gut verlästern,
      Der sich gar zu feig erweist.

      Wenn ihr uns den Mund entrücket,
      Wollt ihr nur gezwungen sein,
      Wenn man den nun ernstlich drücket,
      Hört man keine Feuer schrein.
      Kurz, ihr pfleget in dem Lieben
      Nie kein Wasser zu betrüben,
      Sondern plumpt mit uns hinein.
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 22:58:56
      Beitrag Nr. 7 ()
      Hier gibt es jede Menge Gedichte :yawn: Thread: DAS IST EIN GEDICHT :confused:
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 22:59:48
      Beitrag Nr. 8 ()
      Wolf Biermann

      Zwischenlied

      Wenn ich euch nun hin und wieder

      bittere Balladen brülle

      Lieder voller Traurigkeiten

      redet euch dann ja nicht ein:

      Mir gings schlecht, und

      ich sei traurig

      ich sei voller Bitterkeit.


      Ihr erinnert euch: es sind doch

      nur so traurig bitter finster

      unsere ansonsten großen

      und so schön bewegten Zeiten


      Und so schön bewegten Zeiten !!
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 23:14:58
      Beitrag Nr. 9 ()
      UNSER GROSSER GESANG


      Aber wie wir leben in all dem Sterben

      In all den Kämpfen, die wir doch lachen

      Gänzlich zerrissen und sind doch ganz

      Aus Lügengewässern, zerschlissen die Netze

      Fischen wir immer noch Wahrheit.Und

      Mächtig sind wir in all unsrer Ohnmacht

      In all unseren Zweifeln verzweifeln wir nicht

      Heiter mit dreimal gefesselten Händen

      Packen wir unsere Glückseligkeit

      Mit geknebelten Mündern

      Komm mein Freund, lass uns singen

      Und grade uns

      Lass singen vom Menschen den großen Gesang



      Und Licht noch in all diesen Nächten

      In all diesen Feuern Erfrischung auch

      Und saftige Früchte noch in den Wüsten

      Da, aus den Steinen, wächst immer noch Brot

      Trotz alledem blühen den Weibern noch immer

      Die Waisen im herrlich gerundeten Leib

      Die Freiheit, unser gerupftes Vöglein

      Nistet noch immer auch in den Männern

      Da, wo die Toten zur Erde schreien

      Da, wo die Lebenden schweigen

      Komm, Genosse, lass uns singen

      Und grade uns

      Lass singen vom Menschen den großen Gesang.


      Über unserem Zeugungsschiff, Schöne

      Ziehn ihre Bahn die kosmischen Bomben

      Unter dem Regen all der Raketen

      Pflanzen wir Häuser für unsre Enkel

      Tag für Tag entreißen wir Schwachen

      Dem großen Tod einen langen Tag

      Ein kurzes Jahr, ein kleines Jahrhundert

      In all der Vergänglichkeit loben wir lauthals

      Die (die vielen vergangen ist) die Zukunft

      Auf dieser Mörderkugel

      Komm, meine Liebe, lass uns singen

      Und grade uns

      Lass singen vom Menschen den großen Gesang.
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 23:16:58
      Beitrag Nr. 10 ()
      Bob Dylan: Rainy day woman

      Well, they`ll stone ya when you`re trying to be so good,
      They`ll stone ya just a-like they said they would.
      They`ll stone ya when you`re tryin` to go home.
      Then they`ll stone ya when you`re there all alone.
      But I would not feel so all alone,
      Everybody must get stoned.

      Well, they`ll stone ya when you`re walkin` `long the street.
      They`ll stone ya when you`re tryin` to keep your seat.
      They`ll stone ya when you`re walkin` on the floor.
      They`ll stone ya when you`re walkin` to the door.
      But I would not feel so all alone,
      Everybody must get stoned.

      They`ll stone ya when you`re at the breakfast table.
      They`ll stone ya when you are young and able.
      They`ll stone ya when you`re tryin` to make a buck.
      They`ll stone ya and then they`ll say, "good luck."
      Tell ya what, I would not feel so all alone,
      Everybody must get stoned.

      Well, they`ll stone you and say that it`s the end.
      Then they`ll stone you and then they`ll come back again.
      They`ll stone you when you`re riding in your car.
      They`ll stone you when you`re playing your guitar.
      Yes, but I would not feel so all alone,
      Everybody must get stoned.

      Well, they`ll stone you when you walk all alone.
      They`ll stone you when you are walking home.
      They`ll stone you and then say you are brave.
      They`ll stone you when you are set down in your grave.
      But I would not feel so all alone,
      Everybody must get stoned.
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 23:31:30
      Beitrag Nr. 11 ()
      Ernst S.Steffen


      Man sagt

      Ich möchte einer jener tumben
      Seelen sein, denen alles zu sagen
      gelingt, unverletzlich und stolz !!


      Man sagt mir,
      ich schreie nachts.
      Manchmal erwache ich,
      weil mein Herz schlägt,
      dann höre ich die Nachtigall.
      Manchmal habe ich morgens
      blutende Knöchel.
      Das macht die lange Haft,
      sagt der Arzt.
      Er verschreibt mir Tabletten.
      Ich glaube, es gibt niemand,
      der mich liebt.
      Manchmal ist das wichtig.
      Ich betrachte ein Loch
      in meiner Zelle;
      vielleicht will eine
      Ratte zu mir.

      Man sagt mir,
      wenn das vorbei ist,
      dann ist alles gut.
      Ich muss nach Hause kommen,
      dann ist alles gut.
      So einfach ist das.
      Ich werde am Tor stehen,
      und es wird sich öffnen vor mir,
      und dann ist alles vorbei
      und alles gut.
      So einfach ist das.
      Ich werde gehen.
      So einfach ist das.
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 23:38:01
      Beitrag Nr. 12 ()
      @Saarnuss,

      das ist gut.
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 23:45:53
      Beitrag Nr. 13 ()
      Lied für Kulis und Kumpel

      Der hat keinen Reis und der kein Brot:
      Wir haben schon alles gefressen.
      Ist die Menschheit denn ganz verroht
      zwischen New York und Essen?

      Du hast kein Haus und ich kein Land:
      Wir haben nur Hagel und Regen.
      Mich hat man geblendet und dich gebrannt
      Wir wollen zusammenlegen!!!

      Du hast kein Hemd und der keinen Rock:
      Wir haben nichts zu verlieren.
      Wir hauen uns Holz aus des Henkers Bock,
      damit unsre Kinder nicht frieren.

      Ab heute reden wir ungefragt:
      Laßt euch den Wein nicht verwässern!
      Die Welt ist schlecht, ist leicht gesagt:
      Wir müssen sie verbessern!


      @ anroha

      danke...ich finde es auch gut.
      Avatar
      schrieb am 21.07.01 23:54:57
      Beitrag Nr. 14 ()
      Gar garstig ist das Warzenschein
      es darf heut garnicht garstig sein.

      @Saarnus
      Deine Zitat ist aber besser.

      urs
      Avatar
      schrieb am 22.07.01 00:00:50
      Beitrag Nr. 15 ()
      @wursteis
      auch nur deshalb,weil es einen warzenschein nicht gibt....oder täusch ich mich ;)
      Avatar
      schrieb am 22.07.01 00:04:06
      Beitrag Nr. 16 ()
      Stevie Smith


      Nicht winkend sondern ertrinkend




      Keiner hörte ihn, den toten Mann,
      Aber noch lag er da, stöhnend:
      Ich war viel weiter draußen als ihr gedacht habt
      Und nicht winkend sondern ertrinkend.


      Armer Kerl, hatte immer die Späße geliebt
      Und nun ist er tot
      Muss zu kalt für ihn gewesen sein, sein Herz hielt nicht mit
      Hieß es.


      Aber nein nein nein, es war immer zu kalt
      (noch lag der Tote da, stöhnend)
      Ich war all mein Leben viel zu weit draußen
      Und nicht winkend sondern ertrinkend.
      Avatar
      schrieb am 22.07.01 00:07:22
      Beitrag Nr. 17 ()
      Träumereien


      Was ist nur los mit uns Menschen?

      Wir sind stets auf der Suche

      nach unserem Traum

      doch kaum hat sich einer erfüllt

      lassen wir ihn entgleiten

      und vergessen

      dass wir Träume schon oft

      gelebt haben.
      Avatar
      schrieb am 22.07.01 00:21:08
      Beitrag Nr. 18 ()
      Schwierigkeiten


      Den ganzen Tag um ein Gedicht gekämpft.

      Gekämpft gegen was?

      Und für was?

      Was? ist sich selbst Gefahr,

      will gerettet werden,

      doch vor seinem Retter?


      So viele Stimmen.

      So viel Schweigen.

      Die Luft , verdickt,

      riecht nach Tabak, einer Andeutung Blut;

      die Sache indes

      irgendwo schwatzend

      versteht überhaupt keine Andeutung.


      Die Straße hinauf im Regen

      hält jemand sein Auto an,

      fragt nach dem Weg

      zum nächsten Grundstück.

      Ich sehe mich Auskunft geben,

      die ihn in die Irre führt.




      So, das war es für heute, gute Nacht.:)
      Avatar
      schrieb am 23.07.01 00:12:54
      Beitrag Nr. 19 ()
      Guten Abend allerseits!

      Aus gegebenem Anlaß ein unbescheidener Wunsch: Bitte kein kunsthandwerkliches Gemenschel, keine lyrischen Softdrinks für nervenschwache Frauenzimmer und schon gar keine SCHÖNER-WOHNEN-GEDICHTE-FÜR-VERMEINTLICH-EMPFINDSAME-SEELEN! Qualität zählt. Sonst nichts:


      JAKOB VON HODDIS


      Orgie

      In stummer Stunde aus dem Knäul der Schleier
      Entstieg ein blankes, zierliches Gerippe.
      Ja komm! Ja du! Ja komm zur Liebesfeier!
      Auf deine Rippen preß ich meine Lippe.
      Einst hießest du gewißlich Fräulein Meyer.
      Setz dich mal her! Wir essen eine Schrippe.
      Avatar
      schrieb am 14.08.01 23:26:14
      Beitrag Nr. 20 ()
      Guten Abend!

      Seine Stücke sind ja zum Fortlaufen. Aber eine Handvoll guter Gedichte hat er geschrieben. Hier ein ganz kurzes:


      BERTOLT BRECHT


      Liedchen aus alter Zeit

      Eins. Zwei. Drei. Vier.
      Vater braucht Bier.
      Vier. Drei. Zwei. Eins.
      Mutter braucht keins.
      Avatar
      schrieb am 25.08.01 23:18:48
      Beitrag Nr. 21 ()
      Guten Abend allerseits:

      Wo ich eh online bin, hier noch ein Gedicht. Ein besonders schönes.


      GOTTFRIED BENN


      Kommt -

      Kommt, reden wir zusammen
      wer redet, ist nicht tot,
      es züngeln doch die Flammen
      schon sehr um unsere Not.

      Kommt, sagen wir: die Blauen,
      kommt, sagen wir: das Rot,
      wir hören, lauschen, schauen
      wer redet, ist nicht tot.

      Allein in deiner Wüste,
      in deinem Gobigraun -
      du einsamst, keine Büste,
      kein Zwiespruch, keine Fraun,

      und schon so nah den Klippen,
      du kennst dein schwaches Boot -
      kommt, öffnet doch die Lippen,
      wer redet, ist nicht tot.


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