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    Schröder, Wulff und das System Volkswagen - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 05.07.05 21:17:09 von
    neuester Beitrag 06.07.05 15:12:20 von
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    ID: 991.441
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      schrieb am 05.07.05 21:17:09
      Beitrag Nr. 1 ()
      Schröder, Wulff und das System Volkswagen
      Von Siegfried Thielbeer, Hannover

      05. Juli 2005 Ebenso wie der VW-Vorstandsvorsitzende Pischetsrieder fordern auch die beiden Vertreter des Landes Niedersachsen im Aufsichtsrat von Volkswagen, Ministerpräsident Wulff (CDU) und Wirtschaftsminister Hirche (FDP), eine lückenlose Aufklärung des Schmiergeldskandals.

      Wulff sagte am Dienstag, die Landesregierung teile die Sorge vieler Menschen über die Vorgänge, habe aber volles Vertrauen, daß der Vorstandsvorsitzende Pischetsrieder für Aufklärung sorgen werde. Nun müsse man erst die internen Prüfungsberichte und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. An Spekulationen über Imageschäden wolle er sich nicht beteiligen. Er sei für Differenzierung und auch gegen eine allgemeine Debatte über die Rolle der Gewerkschaften oder die Mitbestimmung.

      „Vorgänge im Bereich von Herrn Hartz”

      Die Vertreter der Landesregierung, so fügte er hinzu, hätten auch nicht den Rücktritt des Personalvorstands Hartz angeregt oder gefordert. Aber dies bedeute auch nicht, so korrigierte Wulff eine Verlautbarung des Aufsichtsratsvorsitzenden Piech, daß irgend jemand vor Abschluß der Ermittlungen einen Persilschein bekommen könne. Und dann brachte Wulff, der sich betont zurückhaltend und neutral gab, doch den Namen von Peter Hartz noch einmal ins Spiel: „Einige Vorgänge liegen im Bereich von Herrn Hartz.”

      Zuvor schon hatte Wulff die Vorwürfe des IG-Metall-Vorsitzenden Peters zurückgewiesen, er wolle Hartz und das ganze System der Mitbestimmung beschädigen. Peters sollte keinen Beitrag dazu leisten, daß aus Verfehlungen einzelner eine Debatte über Mitbestimmung und Gewerkschaften werde. Daran könne niemand ein Interesse haben. Wer jetzt der Regierung ein politisches Manöver unterstelle, sagte Wulff, müsse sich fragen lassen, ob er nach der Devise „Haltet den Dieb” vorgehe.

      Bollwerke des „Genossenfilzes”
      Wulff trifft Schröder: Wahlkampf mit VW?

      Dabei muß man nicht böswillig sein, wenn man mutmaßt, daß für Wulff und die CDU sich nun eine Gelegenheit zur Abrechnung mit dem „System VW” bietet, mit dem SPD, Gewerkschaften und Betriebsräte jahrelang gegen die CDU agiert hatten. Die Abteilung „Sportförderung” bei VW, für die der von VW weiterhin voll bezahlte SPD-Abgeordnete Viereck gearbeitet haben wollte, und die Abteilung „Regierungskontakte” hatten bei der CDU schon lange als Bollwerke des „Genossenfilzes” gegolten.

      Und die CDU ärgerte es ungemein, daß VW-Personalvorstand Hartz als Kanzlerberater mit seinen Reformvorschlägen, mit denen er eine Halbierung der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2005 vorausgesagt hatte, dazu beitrug, daß Schröder im Sommer 2002 doch wiedergewählt worden war. Wie kleinlich das politische Agieren des Betriebsrats unter seinem Vorsitzenden Volkerts schließlich wurde, mußte selbst der Landtagspräsident Gansäuer erfahren, für den der Betriebsrat bei dessen Antrittsbesuch bei VW keine Zeit hatte.

      Nützlich für die Karriere des Kanzlers

      Daß Schröder - der „Autokanzler” und „Kanzler der Bosse” - aufsteigen konnte, verdankte er nicht zuletzt seinem Engagement für VW sowie dem Engagement von VW für ihn. Selbstverständlich ist ein niedersächsischer Ministerpräsident, als Vertreter des größten Eigentümers, des Landes, auch im Aufsichtsrat, stets interessiert am Wohlergehen des größten Arbeitgeber des Landes.

      Aber unter Schröder bekam diese Rolle des Ministerpräsidenten - oftmals durch Medienauftritte verstärkt - eine neue Qualität. Kaum ein neues Produkt, das VW entwickelte, kein neues Modell das vorgestellt wurde, ohne daß erst der Ministerpräsident, dann der Kanzler dabei war, am Steuer kurbelte oder sonstwie suggerierte, dies sei auch seine Leistung.

      Parteipolitische Begünstigung

      Umgekehrt steigerte die Präsenz des Politikers die mediale Aufmerksamkeit für das neue Produkt auch noch etwas, lag somit auch im Interesse der Autobauer. Unter dem für Kommunikation zuständigen Vorstandsmitglied Kocks dürfte aber die Grenze zur parteipolitischen Begünstigung, so jedenfalls die Einschätzung der CDU, um einiges überschritten worden sein.

      Das zeigte sich im Kleinen, auch in der lokaler Wolfsburger Politik, wo Kocks aus dem Autokonzern heraus Wahlkampf gegen den CDU-Kandidaten Schnellecke machte und sich damals eben für jenen Viereck - wenn auch vergebens - eingesetzt hatte, ebenso wie im Großen, in der Landespolitik. Der gegenwärtige Ministerpräsident Wulff, der Schröder zweimal bei den Landtagswahlen unterlag, schrieb jedenfalls die zweite Niederlage der indirekten Förderung Schröders durch VW zu.

      Roter Filz und die VW-Führung

      Der Vorstandsvorsitzende Piech, eigentlich, wie es intern heißt, ein unpolitischer Manager, verdankte seine Karriere der Unterstützung der Betriebsräte, die völlig einseitig für die SPD engagiert waren. Niemand war deshalb letztlich überrascht, daß Piech Kocks lange gewähren ließ, bis schließlich Despektierlichkeiten gegen den neuen Chef Pischetsrieder zu seinem Ausscheiden führten.

      Es kann kein Zweifel bestehen, daß Wulff und seine Anhänger sehr daran interessiert waren, die enge Verflechtung zwischen SPD, Betriebsräten und VW-Führung aufzubrechen und dem Autokonzern eine neutralere Rolle aufzuzwingen. Was Wulff über Piech denkt, kann man sich denken, auch wenn formal die Formen zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden (Piech) und seinem Stellvertreter (Wulff) gewahrt bleiben.

      Dabei mußte Wulff behutsam vorgehen, denn an einer Schädigung des VW-Konzern konnte er nicht interessiert sein. Gleiches gilt für Pischetsrieder, der sich zudem nur schrittweise von der Kontrolle des Aufsichtsratsvorsitzenden, der sein Vorgänger war, emanzipieren kann.

      Ein Meisterstreich

      Die CDU jedenfalls bereitete ihren Schlag monatelang vor, und kurz vor vergangenen Weihnachtspause, einer sonst nachrichtenarmen Zeit, gab es dann die ersten Veröffentlichungen. Die Vorgänge um die beiden SPD-Abgeordneten Viereck und Wendhausen wurden publik gemacht, wobei sich die Regierung natürlich zurückhielt. Die SPD Niedersachsens, die sich gerade von ihrer Wahlschlappe zu erholen begann, hatte ihre „Raffke-Affäre” am Hals. Der Fraktionsvorsitzende Gabriel bewunderte fast den Meisterstreich des Gegners.

      Aber Gabriel war auch klar, daß das eigentliche Ziel Hartz und Kanzler Schröder selbst waren. Am Ende reichte es aber nicht gegen Hartz. Sollte es jetzt, kurz vor der neuen Bundestagswahl der reine Zufall gewesen sein, daß die neue Affäre losgetreten wurde?

      http://www.faz.net/s/Rub61EAD5BEA1EE41CF8EC898B14B05D8D6/Doc…
      Avatar
      schrieb am 05.07.05 21:45:00
      Beitrag Nr. 2 ()
      red rats, dead cats,
      think they were aristocrats,
      thats crap

      (the Doors)
      Avatar
      schrieb am 05.07.05 23:12:26
      Beitrag Nr. 3 ()
      wer solche Skandale lanciert, der hat einen staken Einfluß und will mit diesem auch öffentliche Meinung bilden. Das dieses zum Wohl der Bevölkerung ist, mag ich bezweifeln. Eher wieder im Interesse des Kapitals, diesmal die andere Farbe...Die CDU soll an die Macht geprügelt werden...weil die so feine Sachen mit den Menschen machen wollen. Bis die es aber merkeln, was mit ihnen passiert, sind die Fakten schon geschaffen.




      CDU und FDP verabschieden in NRW radikales Kürzungsprogramm
      Von Jörg Victor und Martin Kreickenbaum
      5. Juli 2005
      Gut vier Wochen nach ihrem Wahlsieg hat die Koalition aus CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen die Regierungsgeschäfte übernommen. Nach nur zehn Verhandlungsrunden unterzeichneten die beiden Koalitionspartner am 20. Juni den Koalitionsvertrag, der den Titel "Mehr Mut zur Selbstbestimmung" trägt und ein massives Kürzungsprogramm der staatlichen Leistungen vorsieht, das vor allem die einfache Bevölkerung treffen wird. Zwei Tage später wurde Jürgen Rüttgers (CDU) zum neuen Ministerpräsidenten des Landes vereidigt.

      Die rasche Einigung zwischen den neuen Regierungspartnern kann aber ebenso wenig wie der deutliche Wahlerfolg vom 22. Mai darüber hinwegtäuschen, dass die neue Landesregierung keineswegs ein Hort der Stabilität sein wird. Denn bei den Landtagswahlen wurde in erster Linie die unsoziale Politik der rot-grünen Koalition in Düsseldorf abgestraft. Die im Koalitionsvertrag nun festgeschriebene Ankündigung, diese Politik fortzusetzen und sogar noch auszuweiten, wird auf zunehmende Proteste in der Bevölkerung stoßen.

      Die Blut, Schweiß und Tränen-Statements Rüttgers unmittelbar nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. "Wir werden den Menschen erhebliches zumuten müssen. Jeder wird sich etwas überlegen müssen, wie er mit weniger Geld (...) auskommt." Dabei ist die soziale Krise bereits jetzt weit voran geschritten.

      Nach 39 Jahren, in denen die SPD die Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen trug, ist die Arbeitslosigkeit auf über eine Million gestiegen, die Arbeitslosenquote beträgt 11,8 Prozent. In den Großstädten des Ruhrgebiets ist sogar nahezu jeder Fünfte arbeitslos gemeldet.

      Drastisch gestiegen ist auch der Anteil der Armen. 15 Prozent der Bevölkerung haben ein monatliches Einkommen unterhalb der offiziellen Armutsgrenze von 604 Euro. Besonders betroffen sind hier Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und Arbeitslose. Jeder Dritte der offiziell Armen gehört zu den "working poor", zu den Menschen, deren Einkommen trotz Erwerbstätigkeit nicht ausreicht, um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern.

      Gleichzeitig ist die soziale Infrastruktur im Land verfallen. Viele Schulen sind sanierungsbedürftig und deren Schulbücher veraltet, öffentliche Bibliotheken und Schwimmbäder wurden vielerorts geschlossen. Der Zugang zu den Hochschulen wurde durch den Einstieg in die Erhebung von Studiengebühren drastisch beschränkt.

      Die Antwort, die die neue Regierung von Rüttgers auf diese desaströse soziale Situation gibt, findet sich im Vorwort des Koalitionsvertrages: "Freiheit vor Gleichheit, Privat vor Staat, Erarbeiten vor Verteilen".

      Gemeint ist damit die weitere Unterordnung des gesellschaftlichen Lebens unter das Diktat von Markt und Wettbewerb, während sich der Staat aus seiner Verantwortung für die sozial Schwachen zurückzieht. Die neue Landesregierung will Steuern und Abgaben für Unternehmen senken und gleichzeitig 2,2 Mrd. Euro jährlich einsparen. Neben erhofften Privatisierungserlösen soll dies über radikale Kürzungen bei den Steinkohlesubventionen, einen Abbau der Beschäftigten in der Verwaltung und harte Einschnitte bei der Förderung von sozialen und kulturellen Leistungen geschehen.

      Dem Koalitionsvertrag wurde ein relativ breites Forum in den Medien gegeben, denn ihm wird auch eine Signalwirkung für eine wahrscheinliche Regierungsübernahme durch eine schwarz-gelbe Koalition im Bund zugeschrieben. Zudem werden eine Reihe von Maßnahmen - etwa in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik - angesprochen, für die der Bund zuständig ist.

      Die Koalitionsvereinbarung

      "Der Haushalt des Landes muss saniert werden, damit Nordrhein-Westfalen wieder nach vorne kommt und es allen wieder besser geht. Das wird gelingen. Aber es kostet Opfer. Es dauert länger als eine Legislaturperiode". ( Koalitionsvertrag )

      Zu den ersten Opfern werden die Bergleute in den Zechen des Landes gehören. CDU und FDP haben vereinbart, die Steinkohlesubventionen bis 2010 um die Hälfte oder 750 Millionen Euro zu senken, mittelfristig sollen sie dann ganz entfallen. Damit ist endgültig die Totenglocke für den Steinkohlebergbau in Nordrhein-Westfalen geläutet worden, für den Industriezweig, der über ein Jahrhundert das wirtschaftliche, kulturelle und soziale Leben des ganzen Landes geprägt hat.

      Die Arbeitsplätze der verbliebenen 40.000 Kumpel werden vernichtet. Damit fallen auch 850 Ausbildungsplätze im Bergbau weg. Die 700 Lehrlinge, die jetzt vor dem Abschluss ihrer Ausbildung stehen, werden wohl schon nicht mehr übernommen werden. In der Zulieferindustrie und der Bergbautechnik sind zudem weitere 50.000 Arbeitsplätze im Ruhrgebiet durch die Streichung der Subventionen bedroht.

      Den Anfang macht die Zeche Walsum in Duisburg, deren Schließung jetzt vorgezogen werden soll. Alleine hier werden dann 3.300 Bergleute von heute auf morgen auf der Straße stehen, bei einer Arbeitslosenquote von jetzt schon 18,1 Prozent.

      Auch in den öffentlichen Verwaltungen sollen massiv Stellen abgebaut werden, jährlich 1,5 Prozent. Ausgenommen sind die Bereiche Polizei, Justiz, Finanzen und Bildung. Jedes Jahr fallen auf diese Weise 1.000 Stellen in der Verwaltung weg.

      Zudem sollen 400 Behörden der mittleren Verwaltungsebene ganz geschlossen werden. Die Aufgaben der fünf Regierungspräsidien in Nordrhein-Westfalen sollen auf das Land bzw. die Kommunen delegiert oder privatisiert werden. Langfristig sollen sie dann mit den beiden Landschaftsverbänden in drei Regionalpräsidien mit begrenzter Zuständigkeit zusammengefasst werden.

      Bei den Leistungsgesetzen und Förderprogrammen sollen nach dem Rasenmäherprinzip Kürzungen von 20 Prozent durchgesetzt werden. Betroffen sind hier auch die Anbieter der Jugendhilfe, Sozialträger und kulturelle Einrichtungen. Durch die weitere Kürzung der Landesmittel werden viele kommunale Angebote für Jugendliche, in der Alten- und Behindertenbetreuung, bei den Verbraucherberatungen etc. wegfallen. In anderen Bereichen werden die Leistungen zurückgefahren oder erheblich teurer werden.

      Die Verbraucherberatungsstellen sollen etwa ihre Kosten durch die Erhebung von Gebühren auf Dienstleistungen und Broschüren selbst tragen. Zudem sollen sie in Wettbewerb mit privaten Verbraucherschutzstellen treten, obwohl dadurch die Unabhängigkeit der gelieferten Informationen nicht länger gewährleistet ist.

      "Vieles, was früher der Staat gemacht hat, muss künftig mit Hilfe Privater getan werden." (Koalitionsvertrag)

      Die Koalitionsregierung plant, die Privatisierungen weiter voran zu treiben. Hervorstechend ist hier der geplante Verkauf der Landesanteile an der Westdeutschen Landesbank. Zur Zeit besitzen das Land 40 Prozent und die Sparkassen rund 60 Prozent an der WestLB.

      Außerdem will sich das Land von seinen Beteiligungen an Flughäfen und Messen trennen. Auch ein Großteil der 400 Behörden, die abgeschafft werden sollen, soll privatisiert werden. Darunter fallen so sensible Bereiche wie das Materialprüfungsamt, die Anstalt für Mess- und Eichwesen und die Anstalt für Ökologie, Bodennutzung und Forsten. Es scheint nicht mehr ausgeschlossen, dass in Zukunft von der Müllabfuhr bis hin zu Denkmalschutz und Museen und Theater alles dem Wettbewerb und der Erwirtschaftung von Profit unterworfen wird - mit den bekannten verheerenden Auswirkungen auf die Versorgung der Menschen mit grundlegenden Dienstleistungen.

      Ebenfalls privatisiert werden sollen der Bau- und Liegenschaftsbetrieb und die Landesentwicklungsgesellschaft. Hierzu gehört dann auch die Veräußerung von Tausenden von Wohnungen mit unabsehbaren Konsequenzen für die Mieter.

      Privatisierung der Bildung

      Auch vor der Bildung machen die Privatisierung und der Wettbewerb nicht halt. So soll die "Eigenverantwortung" von Schulen und Universitäten ausgebaut werden. Den Schulen sollen nur noch ein schulpolitischer Rahmen und bindende Lernkataloge sowie ein festes Budget für Lehrerstellen und Sachmittel vorgegeben werden. Für die Einstellung von Lehrkräften und die Organisation des Unterrichts soll die Schule dann selbst verantwortlich sein. Dadurch sollen sich die Schulen profilieren und untereinander in Wettbewerb treten. Durch die für 2008 geplante Aufhebung der Wohnortbindung, wodurch Eltern dann ihre Kinder auf eine Schule ihrer Wahl schicken können, wird dies zu einer drastischen Segregation in attraktive Schulen mit kleinen Klassen und geringem Stundenausfall für Kinder reicher Eltern und Schulen mit großen Klassen, veralteten Lernmitteln und hohem Stundenausfall für Kinder armer Eltern führen.

      Gleichzeitig wird sich der Leistungsdruck auf die Schüler enorm erhöhen. Das Einschulalter wird auf fünf Jahre abgesenkt, das Abitur soll aber bereits nach zwölf Jahren erreicht werden. Schon ab dem zweiten Schuljahr werden zukünftig Ziffernnoten vergeben. In der 3. und 8. Klasse werden Lernstandserhebungen durchgeführt, und für alle Schulformen werden zentrale Abschlussprüfungen eingeführt. Während das dreigliedrige Schulsystem beibehalten werden soll, werden die Grundschulgutachten für den Besuch der weiterführenden Schule zukünftig verbindlich sein.

      Die Degradierung der Schüler zu gefügsamen Lernmaschinen wird durch die Wiedereinführung der Kopfnoten für das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler und die "Stärkung der disziplinarischen Rechte der Lehrer" (Koalitionsvertrag) unterstrichen.

      Die 4.000 neuen Lehrerstellen - umgerechnet 0,6 Lehrer pro Schule -, die die CDU/FDP-Koalition versprochen hat, stehen hingegen noch unter Finanzierungsvorbehalt. Sie sollen nur in Ersatz für den Abbau in der Verwaltung und bei ausreichenden Haushaltsmitteln tatsächlich geschaffen werden. Ein Teil des Unterrichtsausfalls soll hingegen einfach durch die Verlegung von Konferenzen und Elternsprechtagen außerhalb der Unterrichtszeiten aufgefangen werden.

      Die Universitäten werden aufhören, staatliche Anstalten zu sein. Das Land wird demnächst nur noch die Rechtsaufsicht führen. Für Fachaufsicht, Personalentscheidungen, den Einsatz der Mittel und die Organisationsstruktur werden die Hochschulen hingegen selbst zuständig sein.

      Dazu gehört auch, dass sie eigene Unternehmen gründen, unbegrenzt Vermögen erwirtschaften und dieses eigenverantwortlich für den Betrieb der Universität einsetzen können. Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen sind ausdrücklich erwünscht. Die oft beschworene Freiheit der Lehre wird damit den Gesetzen des Marktes unterworfen und es ist abzusehen, dass geisteswissenschaftliche und künstlerische Fächer, mit denen weniger Profit zu erwirtschaften ist, drastisch zurückgefahren werden.

      Die Hochschulen werden zudem ermächtigt, sich selbst ihre Studenten auszusuchen. Ab dem Sommersemester 2006 können sie außerdem Studiengebühren von 500 Euro pro Semester verlangen. Im Koalitionsvertrag ist dazu zwar festgehalten, dass diese Gebühren ausnahmslos den Universitäten zukommen sollen, aber angesichts der desolaten Haushaltslage ist absehbar, dass im Gegenzug die Landesmittel für die Hochschulen gekürzt werden. Höhere Bildung wird zu einer reinen Ware verkommen.

      Mehr Repression

      Während der allgemeine Tenor des Koalitionsvertrages dem Prinzip "Privat vor Staat" verpflichtet ist, gilt dies nicht für die Innenpolitik. Die Sicherheitsbehörden sollen nicht nur von den Kürzungen ausgenommen werden, sondern auch noch zusätzliche Mittel und erweiterte Befugnisse erhalten.

      Die Reiterstaffel, deren geplante Wiedereinführung fälschlicherweise als symbolischer Akt wahrgenommen wurde, soll vor allem bei Großveranstaltungen eingesetzt werden. Angedacht ist hierbei wohl in erster Linie die Einschüchterung von Demonstranten durch die berittene Polizei. Auch soll der so genannte "finale Rettungsschuss", die vorsätzliche Tötung durch Staatsbeamte, der Polizei wieder erlaubt werden.

      Der Straffälligkeit von Jugendlichen - eine Folge des sozialen Elends und der anhaltenden Kürzungen im Bereich der Jugendhilfe - soll durch eine erbarmungslose "Null Toleranz"-Politik begegnet werden. "Die Polizei wird wieder für die öffentliche Ordnung zuständig sein", heißt es im Koalitionsvertrag. Bereits kleinste Verstöße sollen verfolgt werden, Ladendiebstahl und Graffitis erbarmungslos zur Anzeige gebracht und von der Justiz auch geahndet werden.

      Dazu zählt auch die zwangsweise "erzieherische Unterbringung" von Strafunmündigen unter 14 Jahren. Die Eltern sollen dabei wie bei der "Sippenhaft" der Nazis mit in die Verantwortung genommen werden. Das Erwachsenstrafrecht, das bisher erst für über 21-Jährige galt, wird dafür zukünftig bereits bei 18-Jährigen eingesetzt.

      Die Asylverfahren sollen mit dem Ziel der schnellen Ablehnung beschleunigt, die Abschiebung von Flüchtlingen soll mit aller Härte durchgesetzt werden.

      Während die Koalitionsregierung sich im Bund für die Ausweitung der Überwachungsdateien der Sicherheitsbehörden einsetzt und eine umfassende "Islamistendatei" ebenso fordert wie ein Visa-Warndatei, erklärt sie gleichzeitig, den Datenschutz ausweiten zu wollen - beim Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit!

      Steuergeschenke für Reiche und Unternehmen

      "Wir müssen sparen, und jeder wird es spüren", erklärte Rüttgers bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages. Wirklich jeder? Unter dem Motto "Wachstum schafft Beschäftigung und sozial ist, was Arbeit schafft" finden sich eine Reihe von Maßnahmen, die ausschließlich Unternehmern und Vermögenden zugute kommen.

      Die Ladenöffnungszeiten sollen an Werktagen komplett freigegeben werden. Für die Arbeiter und Angestellten heißt dies zwangsläufig längere Arbeitszeiten. Der Verdrängungswettbewerb im Einzelhandel wird sich verschärfen, und nur die großen Ketten werden sich auf Dauer behaupten können. Die Innenstädte werden weiter entvölkert und zunehmend verwahrlosen.

      Die Koalitionspartner haben bekräftigt, den "Finanzplatz NRW" zu stärken, hierfür soll vor allem der Dialog zwischen Finanzwirtschaft und Politik intensiviert werden. Mit anderen Worten, die Landesregierung wird sich zum Sprachrohr der Interessen der großen Banken und Konzerne machen.

      Die so genannten "Bagatellsteuern", die die Gemeinden erheben können, sollen weitgehend gestrichen werden. Da darunter z.B. die Jagdsteuer und die Vergnügungssteuer zählen, würden wiederum fast ausschließlich die ohnehin Vermögenden profitieren.

      Die Koalition will sich im Bund dafür einsetzen, dass die Gewerbesteuer abgeschafft wird. Um die Einnahmeverluste zu kompensieren - die Gewerbesteuer kommt ausnahmslos den Kommunen zugute - sollen die Städte und Gemeinden einen höheren Anteil an den Verbrauchssteuern erhalten. Da dadurch eine Erhöhung der Verbrauchssteuern wie etwa der Mehrwertsteuer vorprogrammiert ist, wird sich die Belastung von den Unternehmern auf die einfache Bevölkerung verschieben.

      Leerstelle Arbeitsmarktpolitik

      Angesichts von über einer Million Arbeitslosen sagt der Koalitionsvertrag überraschend wenig über die geplante Arbeitsmarktpolitik aus. Hier finden sich nur Allgemeinplätze und Bestrebungen, die die Landesregierung im Bund durchsetzen will. Hier ist der Koalitionsvertrag in erster Linie ein Testballon, mit dem die Politik einer schwarz-gelben Koalition im Bund nach einer wahrscheinlichen Regierungsübernahme im Herbst ausgelotet werden soll.

      In diesem Sinne sind die Ankündigungen von Rüttgers eine Kampfansage an die gesamte Arbeiterklasse. So heißt es in der Koalitionsvereinbarung: "Es ist eine nicht vertretbare Einschränkung von Selbstbestimmung, wenn die Arbeit so teuer ist und die Zugangsschwellen zum Arbeitsmarkt so hoch liegen, dass Millionen Menschen ausgeschlossen bleiben."

      Unter den zu hohen "Zugangsschwellen" sind tariflich festgelegte Löhne, Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsansprüche, Arbeitszeitbegrenzungen etc. zu verstehen. Auf diese Weise werden alle Rechte, die sich die Arbeiter im letzten Jahrhundert erkämpft haben, zur Disposition gestellt.

      Durchgesetzt werden soll eine Arbeitskultur des "hire and fire", wo Arbeiter je nach Bedarfslage angestellt und entlassen werden können und letztendlich zu Tagelöhnern mutieren sollen. Durch den Ausbau eines Niedriglohnsektors, der schon jetzt einen erheblichen Teil der Bevölkerung in Armut stürzt, erhalten Hungerlöhne wieder ihren wörtlichen Sinn.

      An anderer Stelle heißt es: "Wir sind der Auffassung, dass Arbeitskosten gesenkt werden können durch Mehrarbeit für dasselbe Geld." Doch damit wird kein einziger Arbeitsplatz geschaffen, im Gegenteil kann die vorhandene Arbeit auf noch weniger Schultern verteilt werden. Erhöhen wird sich alleine der Unternehmensprofit.

      Auf die Fahnen geschrieben hat sich das Team um Jürgen Rüttgers auch eine radikale Änderung der sozialen Sicherungssysteme. Was unter der Formulierung "sie [die Koalition] wird eine teilweise Abkopplung der Kosten für die Sozialversicherung vom Faktor Arbeit unterstützen" harmlos daher kommt, bedeutet vor allem eine Privatisierung der Lebensrisiken.

      Denn die Landesregierung will sich vehement dafür einsetzen, dass die Eigenverantwortung bei der Absicherung von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter erhöht wird. Dies wird im Abschnitt über die Sicherung des "Finanzplatzes NRW" deutlich. In Nordrhein-Westfalen sind vier der zehn größten Versicherungen Deutschlands ansässig, und diese sollen durch eine erhöhte Eigenvorsorge und Abbau der gesetzlichen Sozialversicherungen gestärkt werden.

      Auch beim Reformpaket Hartz IV soll auf eine Änderung hingewirkt werden, die auf den Einstieg in eine Privatversicherung schließen lässt: Die Auszahlung von Leistungen soll an die eingezahlten Beiträge gekoppelt werden. Während die solidarisch finanzierten Sozialversicherungen unabhängig von Alter und Beitragszahlungen ihre Leistungen ausschütten, ist die an die geleisteten Beiträge gekoppelte Auszahlung ein Markenzeichen profitorientierter Versicherungen.

      Doch der Kurswechsel in der Landespolitik ist keineswegs so rigoros, wie sowohl die neue Regierung als auch die Opposition aus SPD und Grünen glauben machen möchten. Die Privatisierung von Bildung, Landesbetrieben und -behörden und die Betonung des Wettbewerbs bei bislang öffentlich garantierten Dienstleistungen, die sich im Slogan "Privat vor Staat" niederschlagen, finden sich auch schon im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen aus dem Jahre 2000.

      "Erarbeiten vor Verteilen", die Kürzungen von staatlichen Leistungen im Sozialbereich, der Abbau von Arbeitsplätzen in der Verwaltung, die Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes waren ebenso erklärte Ziele der abgewählten Regierung. Die neue Regierung um Rüttgers kann so nahtlos die Politik von Rot-Grün fortsetzen, die die Schere zwischen Arm und Reich hat größer werden lassen.

      Rechte politische Basis

      Als Norbert Blüm, der vom Arbeitnehmerflügel der CDU stammt, 1999 als langjähriger CDU-Vorsitzender Nordrhein-Westfalens abgesetzt wurde, schlug die Landespartei einen scharfen Rechtskurs ein. Sie paarte Forderungen nach mehr Wettbewerb und Abbau sozialer Leistungen mit ausländerfeindlicher Ideologie und Staatsaufrüstung. Mit Jürgen Rüttgers als Ministerpräsident und Helmut Linssen als Finanzminister haben sich nun zwei Mitglieder des rechten Flügels an die Spitze der Landesregierung gehievt, die maßgeblich an der Absetzung Blüms beteiligt waren.

      Rüttgers rechte Gesinnung wurde im Jahr 2000 publik, als er mit der rechtspopulistischen Parole "Kinder statt Inder" in den Landeswahlkampf zog. Linssen war schon 1992 entsprechend aufgefallen. In dem Jahr, in dem in Nordrhein-Westfalen und im Bund Asylbewerberheime in Flammen aufgingen, bezeichnete er NRW als "letztes Asylantenparadies Europas".

      Es kann daher nicht verwundern, dass das dritte Motto des Koalitionsvertrags, "Freiheit vor Gleichheit", aus der extrem rechten Ecke der deutschen Konservativen stammt. Gerard Radnitzky benutzte Ende der 1990er Jahre den Slogan "Freiheit statt Gleichheit" in der Publikation Epoche. Er setzte ihn dem "schleichenden Sozialismus" entgegen, den er in allen westlichen Demokratien in Form der gesetzlichen Sozialversicherung witterte. Die "soziale Gerechtigkeit" sei "das beste Mittel, um nach unten zu nivellieren und unseren Wohlstand und unsere Freiheit zu zerstören", schrieb er.

      Radnetzky ist emeritierter Professor für Wissenschaftstheorie der Universität Trier und der Ruhruniversität Bochum (daneben ordentliches Mitglied der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste). In der Publikation Epoche haben auch andere Größen vom rechten Flügel der Union publiziert, wie der verstorbene bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß (CSU), der bayerische Innenminister Günter Beckstein (CSU), der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), der ehemalige Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) und der für sein "Juden sind ein Tätervolk" berüchtigte Martin Hohmann (Ex-CDU).

      Außerdem veröffentlichte der 1992 verstorbene Wirtschaftswissenschaftler Friedrich August von Hayek in der Epoche. Von Hayek gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Der Anti-Sozialist und Verfechter des freien Marktes war einer der Hauptgegner John Maynard Keynes. Auf seine ökonomischen Theorien beruft sich das Programm des Neoliberalismus.

      Die Anlehnung an diese Formel aus einem rechten und neoliberalen Think-Tank des deutschen Konservatismus ist kein Zufall. Die politische Ausrichtung der Landesregierung hat in der Bush-Administration das wohl prägnanteste Vorbild: Die hemmungslose Bereicherung einer winzigen Schicht auf Kosten des Lebensstandards der Bevölkerung und der Funktionsfähigkeit der gesellschaftlichen Infrastruktur.

      Die Koalitionsvereinbarung in Nordrhein-Westfalen hat dabei Signalwirkung auf den Bund. Mit Rüttgers und seiner Regierung hat Merkels unsoziales Programm Rückendeckung bekommen. Gleichzeitig wird die Bundes-CDU sehr genau verfolgen, was sich in Nordrhein-Westfalen entwickeln wird. Sie wird aufmerksam beobachten, ob die Landesregierung in der Lage ist, die geplanten Kürzungen und Maßnahmen durchzusetzen, ob und auf welchen Widerstand sie dabei stößt, und überlegen, wie er überwunden werden kann.


      Siehe auch:
      Wahl-Debakel der SPD in Nordrhein-Westfalen
      (24. Mai 2005)
      Avatar
      schrieb am 05.07.05 23:18:47
      Beitrag Nr. 4 ()
      Super Thread. Wahnsinn. Weiter so. Hut ab.
      Avatar
      schrieb am 05.07.05 23:24:15
      Beitrag Nr. 5 ()
      Dafür stehen sowohl CDU, FDP, SPD und Grüne.

      Unter freundlicher Mitwirkung von Herrn Hartz und Schröder im Auftrag der Heuschrecken.

      http://www.arbeiterfotografie.com/sozialraub/index/html

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      Avatar
      schrieb am 05.07.05 23:25:44
      Beitrag Nr. 6 ()
      Not Found
      The requested URL /sozialraub/index/html was not found on this server
      Avatar
      schrieb am 05.07.05 23:27:50
      Beitrag Nr. 7 ()
      Avatar
      schrieb am 05.07.05 23:30:58
      Beitrag Nr. 8 ()
      tnx, Haulong.;)
      Avatar
      schrieb am 06.07.05 09:15:13
      Beitrag Nr. 9 ()
      VW und die Justiz in Braunschweig

      Lange hat es gedauert, bis die Justiz in der Stadt an der Oker tätig wurde in Sachen VW. Man kannte zwar die Gesetzeslage, aber natürlich kannte man auch diejenigen, die - sofern die Informationen stimmen, die bislang in die Öffentlichkeit gelangten - gegen die Gesetze verstießen! Die Bezahlung von Personen ohne Gegenleistung verbietet das Abgeordnetengesetz in § 27 (3). Abgeordneten dürfen mit Rücksicht auf ihr Mandat keine anderen als die in diesem Gesetz vorgesehenen Zuwendungen gemacht werden. Dies auch nur dann, wenn diese Vergütung dem Wert einer vom Abgeordneten tatsächlich erbrachten Tätigkeit entspricht.
      Zahlungen ohne Gegenleistung verbietet - selbstverständlich - auch das Aktiengesetz z. B. in § 93 (3). Dies ist ein schwerer Fall von Untreue gegenüber den Aktionären. Ihnen gehört das Unternehmen. Verantwortliche Vorstandsmitglieder - und zwar die aktuellen - sind nach dem AktG namentlich zum Ersatz verpflichtet. Das lernt der Jurist im ersten Semester. Parlamentspräsident Gansäuer sprach bereits von Rückzahlungen als die Braunschweiger Staatsanwälte noch friedlich schlummerten. Bei den "Profi"-Juristen bedurfte es erst der Anzeigen aufmerksamer Privatpersonen, bis sich die Herrschaften bequemten, ihrer gesetzlichen Pflicht nachzukommen.

      Die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft bei Promis ist in Braunschweig kein Einzelfall, sondern die Regel. An der Oker hat das ungesetzliche Aussitzen derartiger Vorgänge Methode. Man muss nur das richtige Parteibuch haben, dem richtigen Club angehören, dann hat man als Täter beste Karten. Jürgen Roth zeigt dies in seinem Buch "Ermitteln verboten!" beispielhaft auf. Der Fall, von dem er berichtet, eskaliert derzeit gerade. Gerd Glogowski, Ex-Ministerpräsident und Multi-Aufsichtsrat, hatte an dem Deal gestrickt, der jetzt nicht nur die Bürger seiner Heimatstadt teuer zu stehen kommt. Mittlerweile interessiert sich auch die EU-Kommission für den Fall. Man hatte in der Eile vergessen, den Auftrag zur Verbrennung des Mülls pflichtgemäß auszuschreiben. Nun drohen Forderungen im Milliarden-Bereich für das Land bzw. den Bund. Die Aufklärung wurde der Polizei von der Staatsanwaltschaft explizit untersagt. Begründung: "Die Auffindwahrscheinlichkeit von Beweisen sei ungleich geringer als der öffentliche Schaden.....!"

      Derselbe Genosse Glogowski ließ einem Freund eine Transportfirma abkaufen. Ertragswert: Minus 10 Mio. DM. Die Stadtwerke Braunschweig bezahlten für die Firma, die in Teilen schon überschuldet war, sage und schreibe 28 Mio. DM. Ein Gutachten - nach Festsetzung des Kauf-preises angefertigt - belegt einen geradezu klassischen vorsätzlichen Betrug. Die Staatsanwaltschaft, der die Unterlagen vorliegen, ermittelte auch in diesem Fall erst nach Anzeigen von Bürgern. Dass das Gutachten falsch war, ist klar. Dass es nach der Kaufpreisfestsetzung erstattet wurde, auch. Der Abschreibungsbedarf lag bislang bei 20 Mio. DM. Die Beurteilung des Falles durch Braunschweiger Staatsanwälte ist eine Frechheit: Es sei nicht zu belegen, dass das Plus 28 Mio-Gutachten für die Minus-10 Mio-Firma "vorsätzlich falsch erstattet worden ist.........!"

      Seine Hochzeitsflugrechnung fand Genosse Glogowski übrigens zufällig zu Hause. Sie war aber an die Staatskanzlei gerichtet. Eingangsstempel und Reaktion der Staatsanwälte? Fehlanzeige....!

      Staatsanwälte - an Weisungen von Politikern gebunden - sind zur Untätigkeit verdammt, wenn Parteifreunde im kriminellen Spiel sind. Unternehmen "beatmen" Abgeordnete und Beamte, vornehmlich aus der Justiz, mit Schwarzgeld in Millionenhöhe. Die von Jürgen Roth aufgezeigte "Kriminalitätsspirale" in diesem unserem Lande dreht sich immer schneller. All das ist den zuständigen Behörden der Länder und des Bundes bekannt. Die Reaktion: Betretenes Schweigen...!

      Wir dürfen gespannt sein, wie die wieder einmal von aufmerksamen Bürgern angeschobenen "Staats"-anwälte in Braunschweig den VW-Fall beerdigen. In den Text-Bausteinen der Strafverfolger werden sich sicher geeignete Worthülsen finden. Vorschlag: "Der aktuelle Vorstand hat die Betriebsvereinbarung nicht unterzeichnet. Die von VW an die Volks-Wagen-Vertreter gezahlten Bezüge sind daher von dem aktuellen Vorstand nicht zu verantworten. Die Herren konnten zudem glaubhaft machen, von den einschlägigen Gesetzen nichts gewusst zu haben.....!"
      Peine, den Kommentar 20. Januar 2005
      gez. Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

      http://www.flegel-g.de/insiderwissen-17.html
      Avatar
      schrieb am 06.07.05 15:12:20
      Beitrag Nr. 10 ()
      [posting]17.144.080 von goodbuy2003 am 05.07.05 23:12:26[/posting]Quellenangabe???

      Ich kenne die Herren Jörg Victor und Martin Kreickenbaum nicht.


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